Kommentar der Koordinierungsstelle des Netzwerk gegen Rechts zur Demonstration der „Menschheitsfamilie Rhein-Sieg/Oberberg“, während der Abschlussveranstaltung der Interkulturellen Woche 2023 in Gummersbach

6. Oktober 2023

Die Abschlussveranstaltung der Interkulturellen Woche, die am Vormittag des 30.09.2023 auf dem Lindenplatz in Gummersbach stattfand, wurde durch einen Demonstrationszug des Bündnisses „Menschheitsfamilie Rhein-Sieg/Oberberg“ unterbrochen und gestört. 

Die Demonstration, die unter dem Motto „Der Rechtsstaat stirbt – Aktion weiße Robe“ stand, durchquerte die Gummersbacher Innenstadt aus der Richtung des Hauptbahnhofs. Auf Höhe der Abschlussveranstaltung der IKW, also am Lindenplatz vor der Sparkasse in Gummersbach, wurde der Demonstrationszug zwischen der Bühne und den Aktionsständen der an der IKW beteiligten Akteur*innen und Organisationen hindurch geleitet. Im weiteren Verlauf der Demonstration führte die Route erneut am Lindenplatz vorbei, diesmal von der Moltkestraße aus kommend. Sie passierte in nächster Nähe und an drei Seiten die Abschlussveranstaltung der IKW, was bei vielen Beteiligten Fragen aufwarf.

Diese Demonstrationsroute erschien uns und anderen Beteiligten als sehr ungewöhnlich.

Die Initiative „Menschheitsfamilie Rhein-Sieg/Oberberg“ ging als Bewegung aus den Protesten gegen die Corona Schutzmaßnahmen hervor und war an der Organisation der Montagsspaziergänge in der Region beteiligt. Diese Protestbewegung weist auf inhaltlicher und personeller Ebene Überschneidungen mit rechtsextremen und verschwörungstheoretischen Milieus auf. Auch im Oberbergischen Kreis wurden im Kontext der Proteste gegen die Corona-Schutzmaßnahmen antisemitische Verschwörungserzählungen verbreitet und rassistische Ressentiments geschürt. Nach dem Ende der Schutzmaßnahmen verloren diese Bewegungen ihre Mobilisationskraft und wandten sich anderen Themen zu. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist ein solches zentrales Thema, welches auch von der Gruppe „Menschheitsfamilie Rhein-Sieg/Oberberg“ aufgegriffen wurde. Bei ihren zahlreichen Protesten in der Region fordern sie ein sofortiges Kriegsende und ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine. Auch wenn die Forderungen pazifistisch und harmlos klingen, steckt hinter dieser Fassade eine Verharmlosung der russischen Aggression und Forderungen, welche die Aufgabe großer Teile des ukrainischen Staatsgebiet und einen Sieg Russlands zur Folge hätten.

Diese Gruppierung, für deren Veranstaltungen regelmäßig (und auch in diesem Fall) die AfD mobilisiert (siehe Webseite der AfD Oberberg), wurde von der Polizei in nächster Nähe an einem Stand vorbeigeführt, den ukrainische Geflüchtete betrieben. Der geladene Redner für die Demonstration der „Menschheitsfamilie“ ist ein Rechtsanwalt aus Köln, der für die Partei „die Basis“ kandidierte. Neben seinem „Engagement“ gegen die Corona-Schutzmaßnahmen, verteidigte er auch Personen, die wegen der Verharmlosung des Holocaust vor Gericht standen. Seine Positionierung ist bereits nach einer kurzen Recherche in seinem Telegram- und Youtube-Kanal ersichtlich, sodass seine Einladung als Hauptredner den Eindruck, den die “Menschheitsfamilie” erzeugt, nur weiter verstärkt.

Die Interkulturelle Woche setzt ein Zeichen für ein vielfältiges und solidarisches Miteinander. Dieses Zeichen ist wichtig, da es in der Gesellschaft auch immer gegenläufige Strömungen und Bewegungen gibt, die für Betroffene von Rassismus eine Gefahr darstellen. Als Teil einer solchen gegenläufigen Bewegung verstehen wir die „Menschheitsfamilie Rhein-Sieg/Oberberg“. Ihre Positionen stellen eine reale Gefahr für von Rassismus und rechter Gewalt betroffene Personen dar. Dies muss von staatlichen Stellen ernst genommen und entsprechend sensibel darauf reagiert werden.

Die Konfrontation im Zuge der Abschlussveranstaltung der IKW hätte leicht vermieden werden können, beispielsweise durch eine zeitliche oder räumliche Verlegung der Demonstration. Warum das nicht geschehen ist, lässt uns und viele andere Akteur*innen mit offenen Fragen zurück! 

Die Steuerungsgruppe der Interkulturellen Woche wird in einer gemeinsamen Stellungnahme ihre Verwunderung und Besorgnis ausdrücken.

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